Wahlsystem(e):



unterschiedliche Verfahren der Stimmabgabe

und der Auszählung zur Verteilung der

politischen Mandate im Parlament

Vor- und Nachteile von Mehrheits- und Verhältniswahl

 Die Mehrheitswahl

Mehrheitswahlsysteme stellen zuallererst eine wirkungsvolle Verhütung der Parteienzersplitterung in den Parlamenten dar. Kleine Parteien haben – sofern sie nicht über regionale Hochburgen verfügen, wie die nationalistischen Parteien in Schottland, Wales, Katalonien oder im spanischen Baskenland –, nur geringe Chancen, Parlamentsmandate zu erringen. Eine solche Parteienkonzentration führt regelmäßig zur Herausbildung eines Zweiparteiensystems (wie es de facto in Großbritannien existiert), oder aber zu Lagerwahlkämpfen (wie in Frankreich und zunehmend auch in Italien). Gleichzeitig wird dadurch die Bildung stabiler Regierungen gefördert, die für die Dauer der Legislaturperiode über absolute Parlamentsmehrheiten verfügen können. Regierungswechsel sind in solchen Systemen gang und gäbe und gehen zumeist mit „erdrutschartigen“ Mandatsverschiebungen einher, da bereits geringe Veränderungen in den Stärkeverhältnissen der Parteien bedeutende Veränderungen nach Mandaten auslösen. Die Entscheidung über die Zusammensetzung der Regierung wird in Staaten mit Mehrheitswahlrecht in erster Linie durch die WählerInnen direkt getroffen, und nicht in langwierigen Koalitionsverhandlungen nach der Wahl. Besonders stark ausgeprägt ist in diesen Systemen auch die persönliche Verbindung zwischen dem einzelnen Abgeordneten und der Bevölkerung seines Wahlkreises – was allerdings auch zu einem übertriebenen regionalen Lobbyismus im Parlament führen kann.

Die Verhältniswahl

Verhältniswahlen sind gerechter. Unter Berücksichtigung der weiter oben genannten künstlichen und natürlichen Sperrklauseln führt das Verhältniswahlrecht in der Regel zu einer breiter gefächerten Repräsentation aller gesellschaftlich relevanten Interessen im Verhältnis ihrer Stärke unter der gesamten Wählerschaft. Gesellschaftlicher Wandel und das Entstehen neuer gesellschaftspolitischer Strömungen finden dadurch relativ rasch und einfach Eingang in die institutionalisierten Volksvertretungen. Im günstigen Fall führt das Verhältniswahlrecht zu gesellschaftlich breiteren, durch Verhandlung und Kompromissbildung vereinbarten Parlamentsmehrheiten, im ungünstigen Fall zu politischer Instabilität oder zu Regierungskonstellationen, die die Mehrzahl der WählerInnen gar nicht wollten. Extreme politische Umschwünge sind durch das Verhältniswahlrecht nahezu unmöglich, gleichzeitig werden Regierungswechsel in einem politischen System, das Kräfteverschiebungen nach Neuwahlen oft nur in Zehntelprozenten bemisst, deutlich erschwert. Wahlsysteme alleine stellen allerdings weder einen Garanten für politische Stabilität noch ein Instabilitätsrisiko per se dar. Die hier geschilderten politischen Auswirkungen beider Systeme (und ihrer zahllosen Mischformen) stehen in einer ständigen Wechselwirkung mit den ökonomischen, sozialen, politischen und kulturellen Gegebenheiten des jeweiligen Landes, die selbst einem permanenten Veränderungsprozess unterworfen sind.